Der Weg aus der Alkoholabhängigkeit erfolgt in mehreren Schritten bzw. Phasen. Je nach Menschen sind diese unterschiedlich ausgeprägt, beinhalten jedoch immer die Vorahnung, die Einsicht des Problems, die Absicht vom Trinken loszukommen, eine konkrete Handlung und die Stabilisierung der Alkohol-Abstinenz. Der gesamte Prozess wird vielfach durch Rückfälle unterbrochen, die den Abhängigen jedoch nicht entmutigen sollten.
Motivationsphase
Die Einsicht der Alkoholsucht und die Suche nach Unterstützung sind die ersten Schritte zu einem Leben ohne Alkohol. Wer selbst Suchtanzeichen bemerkt, kann eine mögliche Alkoholabhängigkeit durch einen Besuch beim Hausarzt oder einer Suchtberatungsstelle feststellen lassen. Dort ist in der Regel durch Fragen zum Trinkverhalten, beim Hausarzt durch eine körperliche- und Labordiagnostik (z. B. Gamma-GT, MCV, CDT) oder eine kurze Psychodiagnostik (Audit, Audit- C) eine sichere Diagnose möglich. Sodann wird der behandelnde Mediziner oder Therapeut den Betroffenen mit den Untersuchungsergebnissen konfrontieren und entsprechende Empfehlungen aussprechen. So kann der weitere Umgang mit dem übermäßigen Alkoholkonsum, zum Beispiel die Wahl einer passenden Alkoholtherapie oder die Einweisung in ein Krankenhaus oder eine Entzugsklinik, besprochen und eingeleitet werden.
Aus der Erfahrung heraus entscheiden sich viele Alkoholkranke frühestens nach einem langen Prozess zu einer Alkoholismus-Therapie. Erst, wenn Körper und Psyche stark angegriffen oder alle gesellschaftlichen Kontakte weggebrochen sind, kommt eine Abstinenz für sie überhaupt in Frage. Auslöser für einen Alkoholentzug können im Sinne erlebter oder drohender Konsequenzen neben körperlichen und psychosomatischen Erkrankungen zum Beispiel Führerschein- oder Jobverlust, Therapieauflagen, Trennung des Partners oder drohender Kindesentzug sein.
Entgiftungsphase
Die Dauer der Alkoholentgiftung richtet sich nach den individuellen Voraussetzungen, die im Rahmen einer umfangreichen Aufnahmeuntersuchung ermittelt werden. Die Diagnostik umfasst u. a. den Bereich der Inneren Medizin, diverse Funktionstests, Labordiagnostik, Ultraschall- und EKG- Untersuchungen.
Während der Alkoholentgiftung wird der Gesundheitszustand des Alkoholsüchtigen von den Ärzten engmaschig kontrolliert, so dass bei eventuellen Komplikationen oder starken Entzugserscheinungen sofort eingegriffen werden kann. In den meisten Krankenhäusern wird die Schwere der Entzugssymptome und der daraus resultierende Behandlungsbedarf nach der Alkohol-Entzugs-Skala (AES) beurteilt. Um die Entzugserscheinungen zu lindern, wird die Entzugsphase üblicherweise durch Medikamente unterstützt.
Direkt an die Entgiftung sollte sich eine weiterführende ambulante oder stationäre Entwöhnung in einer öffentlichen Einrichtung oder einer privaten Entzugsklinik anschließen, damit der Alkoholkranke aufgrund seiner nach wie vor bestehenden psychischen Abhängigkeit nicht rückfällig wird.
Entwöhnungsphase
Der nächste Schritt des Alkoholentzugs befasst sich mit der Alkoholentwöhnung. In dieser Phase ist die körperliche Abhängigkeit überwunden, eine seelische Abhängigkeit vom Suchtmittel besteht jedoch weiterhin. In der Regel beginnt nun im Rahmen einer längerfristigen Reha-Maßnahme die sogenannte Entwöhnungsphase, welche meist 3 bis 4 Monate dauert und der bei öffentlichen Einrichtungen häufig eine mehrwöchige Wartezeit vorgelagert ist. Der Betroffene lernt im Rahmen der Alkoholentwöhnung gemeinsam mit Psychologen, wie er in sein vorheriges, suchtfreies Leben zurückkehren und dauerhaft abstinent bleiben kann.
In privaten Entzugskliniken wird alternativ zu der gerade beschriebenen Methode eine Entwöhnung angeboten, die sich direkt an die Alkoholentgiftung anschließt, so dass eine durchgängige multiprofessionelle Behandlung gewährleistet und die Alkoholtherapie innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen ist. Dabei wird die Tatsache genutzt, dass sich der Suchtkranke durch den vorhergehenden Aufenthalt in der jeweiligen Einrichtung seinem Alkoholproblem völlig geöffnet hat. Rückfälle in der Wartezeit, in der sich der Therapiewiderstand des Alkoholkranken möglicherweise wieder erhöht, werden auf diese Weise vermieden. Die Möglichkeit, nahtlos bei demselben Therapeuten weiterarbeiten zu können, fördert im Rahmen einer intensiven Psychotherapie im Einzelgespräch eine stärkere Auseinandersetzung mit den psychischen Ursachen der Sucht. Nach einer definitiven Problemanalyse werden individuelle Ansätze der Konfliktverarbeitung und der Bewältigung erarbeitet.
In vielen Kliniken wird der Patient in einer psychoedukativ gestalteten Rückfallprävention auf Rückschläge vorbereitet. Parallel dazu finden auf Patientenwunsch Familien- und/oder Paargespräche statt, in denen einerseits die Begegnung und das Miteinander, andererseits aber auch der konfliktklärende und konstruktive Dialog gefördert werden. Somit kann das Umfeld des Patienten die Abstinenz optimal unterstützen und bei Suchtrückfällen eine wertvolle Hilfe sein. Sind diese Beziehungen ursächlich für die Alkoholabhängigkeit, ist ein Angehörigengespräch ebenfalls zwingend notwendig.
Sollten bei der Sucht andere Erkrankungen eine Rolle spielen, wie zum Beispiel Depressionen, Angstzustände oder Verhaltensstörungen, werden diese im Rahmen des gesamten Therapieansatzes mitbehandelt. Dasselbe gilt für den Beikonsum anderer psychotroper Substanzen.
Nachsorgephase
Um nicht in alte Verhaltensmuster zurückzufallen und einen Rückfall zu erleiden, ist nach einem erfolgreichen Alkoholentzug eine umfangreiche und konsequente ambulante Nachsorge sehr wichtig. Dazu gehört auch die Behandlung psychischer, psychosomatischer und somatischer Komorbiditäten, beispielsweise durch eine ambulante Gesprächstherapie bei einem Nachsorgetherapeuten. In dieser können aufkommendes Suchtverlangen, das Zurechtkommen in der sozialen Umgebung und weitere der Abstinenz dienliche Themen besprochen und bearbeitet werden.
Bei multimorbiden Patienten muss die ärztliche Behandlung psychiatrisch-neurologischer Erkrankungen unbedingt weitergeführt werden. So werden bei Bedarf physikalische Therapien, kombinierte Schmerztherapien, Sport, Bewegung und Entspannungstraining angeboten.
Ein weiterer wichtiger Baustein des Alkoholentzugs sind Selbsthilfegruppen wie die Anonymen Alkoholiker oder das Blaue Kreuz, in denen die Betroffenen Erfahrungen austauschen, sich gegenseitig Mut zusprechen und Verständnis erfahren können. Die Teilnehmer sprechen hier völlig offen über das Thema Alkohol und die damit verbundenen Probleme, was innerhalb der Familie oder im Freundeskreis nur selten möglich ist. Häufig entstehen auch intensive soziale Kontakte, welche die erste schwierige Zeit nach dem Alkoholentzug deutlich erleichtern können.