Welche persönlichen Gründe können Einfluss auf die Behandlungsdauer nehmen?
Sowohl in öffentlichen Institutionen als auch in privaten Entzugskliniken können sich während der Alkoholtherapie Umstände ergeben, die eine Verlängerung zwingend erforderlich machen. Bei der Suchtrehabilitation der Renten- oder Krankenversicherung wird diese von der behandelnden Rehaklinik beim Kostenträger beantragt; in einer Privatklinik erfolgt diese in Absprache mit dem Patienten. Mögliche Gründe für einer Verlängerung können sein:
Begleiterkrankungen (Komorbiditäten) und Mehrfachabhängigkeiten
Es liegt auf der Hand, dass eine Alkoholkrankheit, die z. B. von einer Depression oder einer Angststörung begleitet wird, schwieriger zu behandeln ist, als eine alleinige Alkoholsucht. Wenn der Alkohol als Arzneimittel genutzt wird und vermeintlich die Symptome einer Depression oder Angstzustände lindert, ist es für den Suchtkranken physisch und psychisch meist noch qualvoller, auf das Trinken zu verzichten. Zumal sich neben den üblichen Alkoholentzug-Symptomen auch die Begleiterkrankung zunächst zu verschlimmern scheint. Um dieses Wechselspiel zu durchbrechen, ist es wichtig, beide Erkrankungen gemeinsam zu behandeln. Eine dauerhafte Abstinenz ist nur dann möglich, wenn auch die begleitende psychische Störung beendet oder sich zumindest im Alltag ohne den Konsum von Alkohol bewältigen lässt. Für die Betroffenen gilt es, sich unter therapeutischer Begleitung sowohl den Ursachen ihrer Alkoholabhängigkeit als auch den Auslösern der Begleiterkrankung zu stellen. Da viele Gründe bereits in der Kindheit zu suchen sind, ist es in einigen Fällen nicht möglich, diese komplexe Thematik in vier Wochen aufzulösen, so dass eine Verlängerung des stationären Aufenthalts sinnvoll ist.
Dasselbe gilt für die Dauer der Alkoholismus-Therapie bei Mehrfachabhängigkeiten. Schließlich müssen hier mehrere Substanzen gleichzeitig entzogen werden. Im Falle einer zusätzlichen Medikamentenabhängigkeit wird das abhängig machende Medikament fraktioniert, d. h. schrittweise entzogen. Bei langen Halbwertszeiten und dem Aufbau eines Wirkstoff-Depots können die ersten Entzugserscheinungen des Medikamentenentzugs unter Umständen sogar erst nach zwei bis drei Wochen auftreten, so dass für den Entzug aller Suchtmittel meist eine längere Zeit als vier Wochen eingeplant werden muss.
Dauer und Ausmaß der Abhängigkeitserkrankung
Wie lange die Alkoholabhängigkeit bereits besteht, ist ein zusätzlich ausschlaggebender Faktor, wenn es um die mögliche Dauer eines Alkoholentzugs geht. Je länger der Zeitraum, in dem Betroffene übermäßig viel Alkohol trinken, umso stärker sind die zum Konsum gehörenden Muster im Patienten bereits verfestigt. Dadurch wird es für den Alkoholkranken auch im Rahmen einer professionellen Therapie schwieriger mit alten Verhaltensweisen zu brechen und neue Strategien anzunehmen. Dasselbe gilt für die tägliche Trinkmenge und den Alkoholgehalt der konsumierten Getränke. So lässt sich ein geringer Alkoholkonsum von wenigen Flaschen Bier pro Tag meist schneller entgiften als der Konsum von Getränken mit hohem Alkoholgehalt.
Ein konfliktbeladenes soziales oder berufliches Umfeld
Bei schwierigen Familienkonstellationen, Mobbing am Arbeitsplatz oder massiven finanziellen Problemen dient ein übermäßiger Alkoholkonsum häufig dazu, das Leben der Suchtkranken überhaupt erträglich zu gestalten. Wenn die belastende Situation über eine längere Zeit andauert, ist es für die Betroffenen oft schwer, dauerhaft vom Alkohol loszukommen. Daher ist es wichtig, bereits während des Entzugs sinnvolle Lösungsstrategien zu erarbeiten. Dies kann beispielsweise im familiären Bereich durch den Beginn einer Familientherapie geschehen und im beruflichen Bereich durch das klärende Gespräch mit den Kollegen oder die Suche nach einem neuen Job. Nicht alle Konflikte werden sich während des Entzugs vollständig auflösen lassen, aber zumindest sollte ein Konzept erarbeitet werden, das im Alltag fortgesetzt werden kann. So ist es in der My Way Betty Ford Klinik möglich, die Angehörigen in die Therapie einzubeziehen, mögliche Schwierigkeiten konkret anzusprechen und gemeinsam an Konflikten zu arbeiten.