Wie macht man einen Alkoholentzug zu Hause?
Wer eine Entgiftung bei sich zuhause durchführen möchte, dem steht nicht nur ein Weg offen. So können Alkoholkranke entweder mit dem Trinken aufhören, indem sie einen sogenannten kalten Entzug durchführen, oder sich für eine ambulante Detoxikation unter ärztlicher Aufsicht entscheiden.
Wie funktioniert ein kalter Entzug zuhause?
Ein kalter Alkoholentzug bedeutet, dass Patienten mit einem chronisch hohem Alkoholkonsum von jetzt auf gleich mit dem Trinken aufhören. Sie versuchen durch reine Willensstärke vom Alkohol loszukommen und setzen sich damit der vollen Bandbreite an Entzugserscheinungen aus. Weil Alkohol als Suchtmittel nicht nur körperlich, sondern auch psychisch abhängig macht, manifestieren sich die Symptome des sogenannten Entzugssyndroms sowohl auf körperlicher als auch auf psychischer Ebene und können zu folgenden Beschwerden führen:
- Starkes Schwitzen
- Zittern
- Übelkeit
- Schwindel
- Depressionen
- Angstattacken
- Schlaflosigkeit
Die Entzugserscheinungen treten häufig schon wenige Stunden nach dem letztmaligen Alkoholkonsum auf, quälen den Suchtkranken jedoch spätestens 12 Stunden nach dem letzten Konsum. Je nachdem, wie stark die Alkoholsucht ausgeprägt ist und wie lange sie bereits andauert, können die körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen drastische Ausmaße annehmen. Halluzinationen und epileptische Anfälle und das sogenannte Delirium tremens, das unbehandelt zum Tode führen kann, machen dem Abhängigen das Leben schwer. Besonders gefährlich ist ein Selbstentzug deshalb, weil die Betroffenen ihn komplett allein, ohne jegliche medizinische Aufsicht durchführen. Kommt es bei solchen Fällen zu Komplikationen, erfolgt die Hilfe von außen häufig zu spät.
Ebenso ist die Rückfallquote überaus hoch. Schließlich nehmen Patienten, die diesen Weg der Entgiftung wählen, in der Regel keine psychotherapeutische Hilfe oder die Unterstützung von Selbsthilfegruppen in Anspruch. Entsprechend fehlt ihnen die professionelle Aufarbeitung der Suchterkrankung und die erforderliche psychische Entwöhnung findet nicht statt. Daher raten Suchtmediziner dringend davon ab, “kalt” zu entziehen – die unkalkulierbaren Risiken stehen in keinem Verhältnis zu den verschwindend geringen Erfolgsaussichten.
Wie funktioniert ein warmer Entzug zuhause?
Eine Alternative für diejenigen, die keine stationäre Behandlung ihrer Alkoholabhängigkeit in Anspruch nehmen möchten, kann der ambulante Entzug sein. Diese Form der Therapie bietet für die Betroffenen auf den ersten Blick einen entscheidenden Vorteil. Schließlich erhalten sie scheinbar die Chance, den Teufelskreis der psychischen und körperlichen Abhängigkeit zu durchbrechen, ohne sich hierfür in eine Suchtklinik begeben zu müssen. Stattdessen entziehen sie in Begleitung ihres Hausarztes in ihren eigenen vier Wänden. Leider bringt auch diese Entzugsmöglichkeit in den meisten Fällen nur ein begrenztes Erfolgspotenzial mit sich – viele Suchtkranke werden unmittelbar nach der Entgiftungsphase rückfällig, da eine Aufarbeitung der Suchtgenese auch hierbei nicht erfolgt.
Damit ein ambulanter Entzug überhaupt funktionieren kann, müssen zunächst einige Voraussetzungen gegeben sein. So sollte der Betroffene nicht allein leben und dazu in der Lage sein, seinen behandelnden Arzt mindestens einmal täglich zu kontaktieren. Weil sich der direkte Kontakt am stärksten bewährt hat, sollte entweder eine gewisse Nähe zur Praxis oder aber eine ausreichende Mobilität gewährleistet sein. Ebenfalls wichtig ist es, dass der Suchtkranke vor dem Alkoholentzug nicht bereits Symptome wie Desorientierung, Krampfanfälle oder Halluzinationen entwickelt hat. Sollte dies der Fall sein, darf ausschließlich stationär entgiftet werden.

Wer mit dem Trinken aufhören, aber nicht auf einer Station entziehen möchte, erhält von seinem Arzt die notwendige Unterstützung zur Linderung der Entzugssymptome. So sind Medikamente, die Schmerzen, Krämpfe oder Unruhe lösen bzw. mildern sollen, ein wichtiger Bestandteil des Entzugs. Präparate wie Clomethiazol helfen Erregungszustände abzumildern, Schlafstörungen zu reduzieren und ein Delirium tremens zu verhindern. Nicht selten müssen Patienten sich ihre tägliche Dosis jedoch in der Arztpraxis abholen, was als Kontrollfunktion hilfreich, gleichzeitig aber überaus belastend sein kann. Treten Komplikationen auf, die bei einer Entgiftung von Alkohol durchaus häufig sind, ist schnelle Hilfe durch den Arzt oftmals nicht möglich. Stattdessen müssen Familie oder Freunde reagieren und rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen ergreifen. Es liegt auf der Hand, dass das persönliche Umfeld in einem solchen Fall überaus stark belastet wird. Unabhängig von den möglichen Komplikationen kann sich der Alkoholkranke bei einem ambulanten Alkoholentzug meist nicht ausreichend aus dem vertrauten Umfeld lösen. Konfliktbehaftete Familienkonstellationen, berufliche Schwierigkeiten oder die Nähe zu den alten “Trinkkumpanen” erschweren es, die Alkoholabstinenz aufrechtzuerhalten und neue Verhaltensmuster zu üben und zu leben.
Selbst, wenn der körperliche Alkoholentzug zu Hause mithilfe eines Arztes geglückt ist, sind die psychischen Ursachen nach wie vor präsent. Je länger der Alkohol bereits das Leben des Suchtkranken bestimmt, umso langwieriger und kräftezehrender ist der Entzug. Zwar verschwinden die belastenden Entzugserscheinungen häufig innerhalb von einer Woche und können bei einer ambulanten Entgiftung mit medikamentöser Unterstützung so stark reduziert werden, dass einige Betroffene nicht einmal eine Krankschreibung für den Arbeitgeber benötigen, jedoch halten der Suchtdruck und das Verlangen nach Alkohol weiterhin an, oftmals sogar das ganze Leben lang. Noch Jahre später verspüren viele Suchtkranke durch das entstandene Suchtgedächtnis von Zeit zu Zeit den drängenden Wunsch nach Alkohol. Die Betroffenen müssen also lernen, wie sie mit ihrer Erkrankung umzugehen haben, um diese möglichst dauerhaft unter Kontrolle zu behalten. Daraus ergibt sich, dass eine alleinige Entgiftung von Alkoholen quasi nie zum gewünschten Erfolg führen kann. Vielmehr ist die Aufarbeitung der Suchtursachen die Grundvoraussetzung, um erneutes Trinken zu verhindern und eine langfristige Abstinenz zu erreichen. Vielfach ist nach der Entgiftung von Alkohol zu Hause die Zeitspanne zwischen Entzug und einer ambulanten oder stationären Entwöhnungstherapie recht lang, um die betroffene Person hinreichend zu stabilisieren. So warten Patienten der Deutschen Rentenversicherung oft wochenlang auf einen Platz in einer Klinik für Suchtrehabilitation und müssen trotz erfolgreicher Entgiftung jederzeit damit rechnen, einen Rückfall zu erleiden.