Wie äußert sich eine Co-Abhängigkeit?
Das Leben der Angehörigen von Suchtkranken – und damit verbunden auch der Begriff Co-Abhängigkeit – wird bereits seit vielen Jahrzehnten immer wieder thematisiert und ist zum Teil stark von Modeströmungen abhängig. Die erste wissenschaftliche Arbeit zum Thema erschien im Jahr 1912. Dennoch ist es eher schwierig, den angeblichen Co-Abhängigen oder Co-Alkoholikern bestimmte allgemeingültige Verhaltensweisen zuzuordnen. Einige Mediziner sprechen auch von Co-Abhängigkeits-Phasen, von denen bisher allerdings lediglich drei Bestätigung erfuhren:
Verleugnung / Entschuldigung
Wie bei der Entwicklung einer Sucht, durchläuft in der Regel auch das Verhalten der Angehörigen bestimmte Phasen. Am Anfang wird die Sucht des Partners oder Elternteils verleugnet und das Problem bagatellisiert. Der Angehörige bringt dem Abhängigen zunächst Verständnis entgegen und versucht, nachzuvollziehen, warum der Partner trinkt. So werden Stress am Arbeitsplatz oder gesundheitliche Probleme als Entschuldigung für ein problematisches Trinkverhalten gewertet. Sobald andere Personen etwas von der Sucht bemerken, findet der „Co-Abhängige“ Erklärungen, Ausreden oder Entschuldigungen. Der Suchtkranke erhält gleichzeitig besonders viel Aufmerksamkeit, Liebe und Fürsorge.
Kontrolle
Die Abhängigkeit wird stärker und es entstehen wiederholt Konflikte. Das Problem lässt sich mittlerweile nicht mehr verleugnen und bestimmt zunehmend den Alltag. Der Co-Abhängige geht auf die Suche nach Orten, an denen der Süchtige Flaschen versteckt hat und schüttet den Inhalt weg. Gleichzeitig besteht ein verstärktes Bestreben, die Sucht nach außen hin herunterzuspielen oder zu verheimlichen. Durch diese Schutzmechanismen gegenüber dem sozialen Umfeld wird allerdings indirekt verhindert, dass der suchtkranke Partner oder das abhängige Elternteil selbst genug Leidensdruck entwickelt, um aktiv gegen sein Alkoholproblem anzugehen. Schrittweise werden immer mehr Aufgaben des Alkoholikers übernommen. Die betroffenen Menschen fangen an, den perfekten, ausgleichenden Gegenpol zum Verhalten des alkoholabhängigen Familienmitglieds zu bilden. Dahinter steckt die Hoffnung, die Abhängigkeit derart unter Kontrolle zu bekommen, dass es möglich ist, diese zu überwinden.
Desintegration / Anklage
Aufgrund seines Verhaltens wird der Suchtkranke nach und nach isoliert und erhält von der Familie immer weniger Zuwendung. Es kommt zu Aggressionen und Verachtung gegenüber dem Süchtigen; die emotionale Distanz wird größer. Der Alkoholkranke wird dafür verantwortlich gemacht, dass sich das Leben des „Co-Abhängigen“ ausschließlich um ihn und seine Sucht dreht. Zu diesem Zeitpunkt wird verstärkt nach Unterstützung im Freundes- oder Familienkreis gesucht, um Kraft für den Alltag zu schöpfen. Nicht selten werden Drohungen ausgestoßen, den Süchtigen zu verlassen.