Tilidin-Abhängigkeit

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Aktualisiert am: 02.04.2024
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Tilidin-Abhängigkeit: alles Wichtige in 30 sec.

  • Das Opioid Tilidin wird als Schmerzmittel eingesetzt und ist in Form von Tabletten, Tropfen & Retardtabletten erhältlich.
  • Der Arzneistoff dockt an den Opioid-Rezeptoren des ZNS an und unterdrückt die Weiterleitung von Schmerzsignalen.
  • Das Suchtpotenzial ist hoch, so dass es bereits nach relativ kurzer Einnahme zu einer Abhängigkeit kommen kann.
  • Die Suchtdiagnose erfolgt nach den ICD-10 Kriterien der WHO, von denen 3 im letzten Jahr zeitgleich aufgetreten sein müssen.
  • Langfristige Risiken einer Sucht sind oft Depressionen, Konzentrations- und Schlafstörungen, Muskelabbau & Gewichtsverlust.
  • Der Entzug erfolgt fraktioniert, d. h. das Mittel wird ausgeschlichen; die Suchtursachen werden in der Entwöhnung aufgearbeitet.
Inhalt

Mit Tropfen und Tabletten in die Sucht

Es klingt so einfach: Wer unter körperlichen Schmerzen leidet, lässt sich vom Arzt eine Tablette verschreiben und schon kurz nach der Anwendung geht es dem Betroffenen viel besser. Oft werden dabei allerdings die Risiken und Nebenwirkungen, die solche Schmerzmittel (Analgetika) mit sich bringen können, ausgeblendet. Auch Tilidin gehört zu dieser Kategorie von Arzneimitteln. Für gewöhnlich wird es Patienten verschrieben, die unter starken chronischen Schmerzen leiden und einer ebenso schnellen wie wirksamen Medikation bedürfen. Die rasche Hilfe hat jedoch einen hohen Preis. Die Gefahr für eine Abhängigkeit von einem sehr potenten Analgetikum wieTilidin ist bereits nach wenigen Einnahmen enorm und kann schwere psychische und physische Schäden hervorrufen. Zum Glück ist die Sucht nach diesem Arzneimittel aber nicht zwangsläufig eine Endstation. Um die Medikamentenabhängigkeit langfristig bekämpfen zu können, ist es wichtig, die Risiken des Präparats und die zugrundliegenden Mechanismen der Sucht zu verstehen.

Opiade und Opioide führen zu viel Stress und Depressionen

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Allgemeine Informationen zur Tilidin-Abhängigkeit

Was ist Tilidin und wie wirkt es?

Tilidin gehört in die Gruppe der Analgetika, die auch als Schmerzmittel bekannt sind. Chemisch betrachtet ist es genauso wie Morphium oder Oxycodon ein Opioid. Vom Wirkungsgrad her ist es aber etwas schwächer einzustufen. Die Weltgesundheitsorganisation, die ein Stufenschema zur medikamentösen Schmerztherapie herausgibt, positioniert Tilidin zusammen mit Tramadol auf der zweiten Stufe dieses Schemas. Morphin und Oxycodon hingegen sind auf der dritten und damit höchsten Stufe eingeordnet. Zum Vergleich: Morphium wirkt ungefähr fünfmal stärker schmerzstillend als Tilidin.

Bekannt wurde das Analgetikum in den 1970er Jahren. Mittlerweile ist es in der Apotheke meist in Form von Tabletten, Tropfen und Retardtabletten erhältlich. Theoretisch ist auch die Verabreichung von Injektionen möglich, diese wird in der Regel aber nur bei akuten Behandlungen im klinischen Bereich eingesetzt. Tabletten in Kapselform als auch Tropfen zeichnen sich durch eine schnelle Wirkung binnen weniger Minuten aus. Retardtabletten werden hingegen vom Arzt verschrieben, wenn eine zeitlich verzögerte Abgabe des Wirkstoffs erfolgen soll.

Die Funktionsweise von Tilidin entspricht der von anderen Opioiden. Im menschlichen Körper existieren sogenannte Opioidrezeptoren, an denen der Arzneistoff andocken kann. Im Anschluss wird an diesen Rezeptoren die Übertragung der Schmerz-Signale geblockt. Im Gegensatz zu vielen anderen Präparaten wirkt Tilidin allerdings nicht direkt, sondern muss erst von der Leber verstoffwechselt werden. Dort erfolgt die Umwandlung in Nortilidin sowie Bisnortidilin, die als Wirkstoffe für die Analgesie verantwortlich sind. Normalerweise werden die Tabletten und Tropfen vom Arzt bei spezifischen Krankheitsbildern verschrieben, die mit starken Schmerzen verbunden sind. Hierzu gehören:

  • Krebserkrankungen
  • Rheumatische Erkrankungen
  • Bandscheibenvorfälle

Nicht selten wird das schmerzstillende Mittel aber auch in Kombination oder als Ersatz für illegale Drogen eingesetzt. Wer beispielsweise heroinabhängig ist, kann eventuelle Entzugssymptome mithilfe von Tilidin lindern.

Was passiert nach der Einnahme von Tilidin?

Abhängig von der mg-Dosierung sowie der Form der Einnahme, tritt die schmerzlindernde Wirkung meist schon nach wenigen Minuten ein. Der Schmerz lässt nach und auch der Gemütszustand des Patienten bessert sich. Letzterer kann bisweilen sogar in einem Zustand der Euphorie gipfeln. Die Betroffenen fühlen sich plötzlich stärker, sind bestens gelaunt und trauen sich mehr zu. Gerade diese unkontrollierbaren Arzneimittelwirkungen bestärken oft die Ausbildung einer Tilidin-Sucht. Die schmerzstillende Wirkung dauert im Normalfall bis zu sechs Stunden, wobei auch dies von der konkreten mg-Dosierung abhängig ist. Lediglich die Retardtabletten bilden eine Ausnahme.

Die Anwendung des Medikaments zeigt nur bis zu einer maximalen mg-Dosis ihre schmerzstillende Wirkung. Bei höheren Dosierungen kippt der Effekt und es treten stattdessen die Symptome schwerwiegender Entzugserscheinungen auf. Dies liegt daran, dass allen Tilidin-Präparaten auf dem deutschen Markt der Opioid-Antagonist Naloxon beigemischt wird. Naloxon sorgt dafür, dass die Wirkung des Opioids ab einer bestimmten Dosis geblockt wird, wodurch der Missbrauch des Medikaments als Rauschmittel verhindert werden soll.

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Wie schnell macht Tilidin abhängig?

Wer nach einem Medikament süchtig wird, bemerkt die eigene Abhängigkeit zunächst oft gar nicht. Diese Beobachtung lässt sich auch im Zusammenhang mit dem Schmerzmittel Tilidin verifizieren. Dabei kann das Analgetikum schon nach wenigen Tagen der Einnahme abhängig machen. Das liegt an seinem stark schmerzstillenden Effekt. Der Patient erfährt binnen kürzester Zeit eine umfassende Verbesserung seines körperlichen und meist auch seelischen Zustands. Wenn die Wirkung der Tabletten bzw. Tropfen nachlässt, kehren die Schmerzen hingegen mit umso größerer Intensität zurück. Betroffene sehnen sich demnach augenblicklich nach der nächsten Tablette. Die eigene Schmerztoleranz sinkt und der Sucht-Kreislauf schließt sich. Wichtig: Sucht und Abhängigkeit von Tilidin können auch beim Einhalten der vom Arzt verordneten mg-Dosierung eintreten. Ob dabei Tage, Wochen oder Monate vergehen, wird durch unterschiedliche Faktoren bestimmt. Grundsätzlich raten professionelle Mediziner aber dazu, opioide Analgetika nur über einen sehr begrenzten Zeitraum einzunehmen.

Wie entsteht eine Tilidin-Sucht und welche Menschen sind besonders gefährdet?

Die Medikamentenabhängigkeit gehört weltweit zu den Süchten, die meist erst auf den zweiten Blick erkannt werden. Den Anfang bildet normalerweise eine ganz andere Erkrankung – im Falle von Tilidin ist diese mit anhaltenden starken Schmerzen verbunden. Es gibt dementsprechend keine bestimmte Personengruppe, die für die Ausbildung einer Sucht eher prädestiniert wäre als eine andere. Gerade weil die Abhängigkeit sich schleichend ausbildet, ist sie umso gefährlicher und wird häufig viel zu spät erkannt. Neben den schmerzlindernden Effekten sind es vor allem die stimmungshebenden und entspannenden Nebenwirkungen, die eine Abhängigkeit verstärken.

Diagnose der Tilidin-Abhängigkeit

Welche physischen Anzeichen gibt es für eine Tilidin-Sucht?

Die physischen Anzeichen einer Sucht oder Abhängigkeit von Schmerzmitteln können leicht übersehen werden, so lange Schmerzpatienten das Medikament noch regelmäßig einnehmen. Die Folgen der körperlichen Abhängigkeit machen sich als Entzugserscheinungen vor allem dann bemerkbar, wenn das Präparat nicht oder etwa verspätet eingenommen wird. In diesen Fällen kann es zu Symptomen wie vermehrtem Schmerzempfinden (Hyperalgesie), Übelkeit, Frösteln und Zittern sowie auch Muskelschmerzen kommen. Betroffene, die bereits süchtig sind, nehmen zur Bekämpfung der Symptome meist einfach erneut das Arzneimittel ein und verfestigen dadurch das Muster der Abhängigkeit.

Welche psychischen Symptome sind bei einer Tilidin-Abhängigkeit zu bemerken?

Das Problem der psychischen Abhängigkeit vom Schmerzmittel ist meist weitaus größer als bei der körperlichen Sucht. Körper sowie Geist gieren nach dem Medikament. Dieses Craving wird vor allem durch die stimmungshebenden Effekte des Opioids ausgelöst. Der Gedanke an einen Entzug oder das Absetzen des Arzneimittels bringt starken emotionalen Stress mit sich. Gängige Entzugserscheinungen, die bereits zwischen zwei Einnahmen der gewöhnlichen Dosis auftreten können, sind Stimmungsschwankungen, Ängste sowie Zustände höchster Erregung.

Die Diagnose einer konkreten Sucht gemäß dem Klassifizierungssystem ICD-10 ist möglich, sobald drei der folgenden Kriterien im letzten Jahr zeitgleich aufgetreten sind:

  • Craving als starkes Verlangen nach dem Präparat
  • Kontrollverlust über die Einnahme und Menge des Medikaments
  • Konsumsteigerung aufgrund einer Toleranzentwicklung
  • Psychische und physische Entzugserscheinungen bei Verzicht auf die tägliche Dosis
  • Zahlreiche Lebensbereiche werden durch Tilidin dominiert
  • Trotz spürbarer Nebenwirkungen wird die Einnahme fortgesetzt

Folgen der Tilidin-Sucht

Welche Nebenwirkungen treten bei der Einnahme von Tilidin auf?

Wer das Schmerzmittel eine Woche oder einen Monat lang einnimmt, riskiert die Ausbildung einer körperlichen wie geistigen Abhängigkeit. Unabhängig davon bringen Opioide, die als Analgetikum verschrieben werden, noch weitere Nebenwirkungen mit sich. Dazu gehören beispielsweise

  • Übelkeit und Erbrechen
  • Durchfall und Bauchschmerzen
  • Schwindel, Müdigkeit, Benommenheit
  • Nervosität und Kopfschmerzen
  • Euphorische Stimmungszustände
  • Halluzinationen
  • Atemdepression

Gerade die Arzneimittelwirkungen wie Benommenheit und Schwindel sollten nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Das Führen von Fahrzeugen sowie das Bedienen schwerer Maschinen sind unter der Wirkung des Präparats normalerweise verboten. Die euphorischen Stimmungszustände und Halluzinationen werden bei Tilidin zwar eigentlich als Nebenwirkung eingestuft, repräsentieren aber nicht selten den suchtauslösenden Faktor, wegen dem Betroffene das Opioid immer wieder regelmäßig einnehmen.

Welche langfristigen Risiken birgt die Tilidin-Abhängigkeit?

Wer Schmerzen als Symptom von Rheuma oder einer Krebserkrankung langfristig mit einem Opioid bekämpft, riskiert nicht nur die Abhängigkeit, sondern auch weitere negative Folgen. Auf der psychischen Ebene machen sich nicht selten Konzentrationsstörungen und depressive Verstimmungen bemerkbar. Physische Auswirkungen eines lang anhaltenden Konsums können Schlafstörungen, Muskelabbau, Gewichtsverlust ebenso wie Impotenz und der Verlust der Libido sein. Je länger die Anwendung des Schmerzmittels erfolgt, umso stärker sind meist auch die ungewollten Begleiterscheinungen ausgeprägt.

Welche Wechselwirkungen mit anderen Substanzen gibt es?

Nicht nur die Nebenwirkungen von Opioid-Analgetika können unangenehm sein, sondern auch die Wechselwirkungen mit anderen Substanzen. Insbesondere die Kombination mit anderen Opioiden birgt große Risiken. Schmerzlindernde Medikamente aus dieser Gruppe sollten niemals zusammen eingenommen werden, weil sich die Effekte der Substanzen in unvorhersehbarer Weise verstärken können. Dasselbe gilt für den Fall, dass Tilidin mit Alkohol oder Drogen eingenommen wird. Noch gefährlicher ist die gleichzeitige Anwendung von Opioiden und Benzodiazepinen wie etwa Lorazepam oder Diazepam. Die sedierende Wirkung der Medikamente kann sich gegenseitig verstärken und im schlimmsten Fall einen Atemstillstand herbeiführen.

Behandlung der Tilidin-Abhängigkeit

Wie wird die Tilidin-Sucht behandelt?

Der fraktionierte Tilidin-Entzug ist bei einer Abhängigkeit von opioiden Schmerzmitteln der einzige Weg für den Patienten, zurück in ein Leben ohne die Substanz zu finden. Ein kalter Entzug bringt bereits nach kurzer Zeit starke Entzugserscheinungen mit sich, weshalb stattdessen ein langsames Ausschleichen unter kontrollierten Bedingungen empfohlen wird. Umgesetzt wird dies, indem die Menge der Tilidin-Dosierungen täglich reduziert wird. Alternativ erfolgt eine substituierende Medikation, die beim Absetzen des Medikaments hilfreich sein kann. Im Anschluss muss die psychische Abhängigkeit durch eine Entwöhnung behandelt werden. Dabei geht es vor allem darum, die Ursachen für das eigene Suchtverhalten zu erkennen und durch gesunde Lösungsstrategien zu ersetzen.

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Um Medikamentenabhängigen ein erfülltes Leben nach der Sucht zu ermöglichen, ist es empfehlenswert, Angehörige in den Entzug einzubinden. Auf diese Weise können positive Weichen für die Zukunft gestellt werden, sodass Patienten nach der Entwöhnung direkt in ein stabiles Umfeld zurückkehren können.

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