Psychotherapie Sucht

Was ist eine Sucht? Welche Suchterkrankungen gibt es?

Der Begriff Sucht umfasst alle Verhaltensweisen, die durch einen riskanten, missbräuchlichen und abhängigen Gebrauch von stoffgebundenen legalen oder illegalen Suchtmitteln oder riskantes und abhängiges nicht-stoffgebundenes Handeln gekennzeichnet sind.¹ Mit dem Begriff Suchterkrankung bezeichnet man eine Abhängigkeitserkrankung, diese wird im Diagnosemanual ICD-10 auch als Abhängigkeitssyndrom bezeichnet.

Arten von Suchterkrankungen

Es gibt verschiedene Arten von Abhängigkeiten: Stoffgebundene Süchte, die beispielsweise durch rauscherzeugende Substanzen wie Alkohol, Medikamente oder Drogen ausgelöst werden, und nichtstoffgebundene Süchte, zu denen beispielsweise die Glücksspielsucht, Internetsucht, Kaufsucht oder Pornosucht gehören.

Zahlen zu Suchterkrankungen in Deutschland

Laut Epidemiologischem Suchtsurvey von 2018, bei dem mehr als 9.000 Erwachsene zu ihrem Substanzkonsum befragt wurden, rauchen etwa 9 Prozent der Bevölkerung in Deutschland, das sind hochgerechnet etwa 12 Mio. Circa 1,6 Mio. Menschen leiden den Erhebungen zufolge an einer Alkoholsucht, von Medikamenten sind etwa 2,3 Mio. Personen abhängig. Eine halbe Million Menschen ist von einer Glücksspielsucht betroffen, noch etwas mehr sind es beim Thema Onlineabhängigkeit. ^2,3

Was ist der Unterschied zwischen einer „Suchtbehandlung“ und „Psychotherapie bei Sucht“?

Bei vielen psychischen Erkrankungen sind Psychotherapeuten die richtigen Ansprechpartner – etwa bei Angststörungen, Essstörungen oder affektiven Störungen wie Depressionen. Suchterkrankungen gehören jedoch nicht unter allen Umständen zum Aufgabengebiet der Psychotherapie. Es ist also wichtig, die Begrifflichkeiten zu unterscheiden:

Bestandteile einer Suchtbehandlung

Unter einer Suchtbehandlung bzw. einer Suchttherapie versteht man eine mehrschrittige Behandlung, die sich aus folgenden Teilen zusammensetzt:

• Entgiftung
• Entwöhnung
• (ambulante) Nachsorge

Im Idealfall wird diese Behandlung in einem klinischen Setting durchgeführt und alle Phasen sind unmittelbar miteinander verknüpft bzw. gehen nahtlos ineinander über. Die Psychotherapie ist ein wesentlicher Bestandteil der Suchtbehandlung – sie hilft, Suchtursachen zu identifizieren und alternative Verhaltensweisen mit den Betroffenen zu erarbeiten.

Was versteht man unter Psychotherapie bei Sucht?

Wenn es bei einer Abhängigkeit von Alkohol oder Drogen um das Thema Sucht und Psychotherapie geht, wünschen sich die meisten Betroffenen, dass sie anstatt einer kompletten Suchtbehandlung auch einfach eine ambulante Psychotherapie bei einem niedergelassenen Therapeuten durchführen können. Das ist bislang jedoch nicht ohne Weiteres möglich bzw. wird nicht durch die Krankenkasse abgedeckt. Erst wenn eine (stationäre) Entgiftung stattgefunden hat, ist die Behandlung beim ambulanten Psychotherapeuten legitim. Einzige Ausnahme: Die Patienten haben bereits Maßnahmen in die Wege geleitet, um eine Alkoholabstinenz in unmittelbarer Zukunft (binnen maximal 10 Behandlungsstunden) zu erreichen⁴.

Wann ist bei Sucht eine Psychotherapie ambulant möglich?

Eine Entgiftung ist die unbedingte Voraussetzung, damit Patienten ihre Abhängigkeit von Alkohol und anderen Rauschmitteln tatsächlich bewältigen können. In der Regel wird eine ambulante Psychotherapie bei Suchterkrankungen während und nach einer stationären oder ambulanten Entgiftung durchgeführt.

Psychotherapie als Nachsorge

Psychotherapie ist Teil einer suchtmedizinischen Komplettbehandlung mit Entgiftung, Entwöhnung und Nachsorge. Voraussetzungen für eine ambulante Therapie sind Suchtmittelfreiheit und Abstinenz, denn Psychotherapeuten sind in der Regel keine Mediziner und können eine Entgiftung folglich nicht angemessen begleiten. Insbesondere bei einer Abhängigkeit von Alkohol und illegalen Drogen können schließlich schwere Entzugserscheinungen auftreten, die unbedingt einer medizinischen Behandlung bedürfen.

Psychotherapie nach Rückfall

Bei einem Rückfall, der keine Entgiftungsbehandlung erfordert, ist eine ambulante Psychotherapie ebenfalls sinnvoll und wird von den Krankenkassen finanziert, wenn eine Abstinenz innerhalb von höchstens 10 Sitzungen erreicht werden kann, Betroffene eine Suchtberatungsstelle aufsuchen und die Kooperation mit einem Arzt gewährleistet ist.⁵

Psychotherapie bei Sucht für Selbstzahler

Viele niedergelassene Psychotherapeuten, die über keinen Kassensitz verfügen, bieten eine psychotherapeutische Behandlung für Selbstzahler an. Ob hier zuvor eine Entgiftung stattgefunden haben muss oder nicht, muss im Einzelfall erfragt werden. Da eine Entgiftung für einen erfolgreichen Entzug jedoch immer essenziell ist, sollten Selbstzahler sich die Frage stellen, ob es nicht sinnvoller wäre, sich für eine Entzugsbehandlung zu entscheiden, bei der die Entgiftung direkt integriert ist – zum Beispiel in einer privaten Suchtklinik.

Warum ist bei Sucht Psychotherapie so wichtig?

Sucht bzw. Abhängigkeit ist eine psychische Störung, die zwar eine körperliche Komponente (körperliche Abhängigkeit) besitzt, jedoch in erster Linie eine psychische Erkrankung ist. Damit Betroffene zurück in ein suchtfreies Leben finden können, muss die psychische Störung intensiv behandelt werden.

Ursachen der Suchterkrankung identifizieren

Im psychotherapeutischen Teil einer Entzugstherapie gehen die Patienten gemeinsam mit dem Therapeuten der Ursache der Erkrankung auf den Grund, identifizieren suchtfördernde Gedanken und Verhaltensweisen und entwickeln Strategien, um diese langfristig zu ersetzen. Es gibt viele verschiedene Arten psychotherapeutischer Therapien, die bei Sucht erfolgreich eingesetzt werden können, u. a.:

• (kognitive) Verhaltenstherapie
• Tiefenpsychologisch orientierte Psychotherapie
• Systemische Therapie

Sucht hat weitreichende psychische und soziale Folgen

Eine Drogen- oder Medikamentensucht sowie eine Alkoholabhängigkeit bedeuten für das Leben der Betroffenen gravierende Einschnitte. Neben den direkten körperlichen Auswirkungen drohen der Verlust des sozialen Umfelds bzw. der sozialen Stellung sowie psychische Folgeerkrankungen. Bleiben diese unbehandelt, vergrößern sie das Risiko für einen potenziellen Rückfall. Deshalb widmen sich erfahrene Psychotherapeuten schon während der Suchttherapie intensiv eventuell vorhandenen psychischen Begleiterkrankungen wie Angststörungen oder Depressionen. Mindestens ebenso wichtig ist dies nach der (stationären) Suchtbehandlung. Gerade hier kommt den niedergelassenen Psychotherapeuten eine Schlüsselrolle zu.